Konflikte: Der Motor von Veränderungen

Mitte April luden idealo & TheDive zum Thema „Konflikte, der Motor von Veränderungen“ ein. Konflikte (ob nun selbstorganisiert oder nicht) können positiver Motor von Veränderungen sein. Im Ankündigungstext zum Meetup heißt es: Konfliktsituationen werden in der Selbstorganisation auch Spannungen genannt. Wenn jede*r im Team nun diese Spannung für sich eigenverantwortlich löst, also nur für sich und seine Situation Lösungen schafft, adaptiert sich die Organisation genau da, wo es gebraucht wird. Somit ist eine Spannung die Grundlage von Agilität und der Motor für positive Veränderung.

An dem Abend wurden vier Methoden vorgestellt – allerdings konnte jede*r, bedingt durch das Meetup-Format, nur zwei Methoden näher kennen lernen. Diese vier Methoden gab es zur Auswahl:

  1. Gewaltfreien Kommunikation (GfK)  (Maya Biersack, Diverin bei TheDive)
  2. Conflict Resolution Diagram (CRD) (Stefan Willuda, Agile Lead bei idealo)
  3. Auftragsklärung zur Konfliktprävention (Frieda Tanski und Anna Olivier, Agile Coaches bei idealo)
  4. Phasen von Kreativitätsprozessen produktiv gestalten (Anika Jessen, MetaDesign)

Ich entschied mich für die Folgenden:

Gewaltfreie Kommunikation oder 4-Schritt-Methode

BeduerfnisseBei Maya Biersack lernten wir Übungen rund um Gewaltfreie Kommunikation. Was ist Gewaltfreie Kommunikation? Es ist ein Handlungskonzept, das von Marshall B. Rosenberg entwickelt wurde.

Da der Begriff „Gewaltfreie Kommunikation“ manchmal für Irritationen sorgt, wird auch von der 3- oder 4-Schritt-Methode gesprochen. Maya Biersack stellte die vier Schritte gemäß GfK vor:

1. Beobachtung (Als…<Beobachtung>)

  • Achtung keine Bewertungen oder Iterpretationen (statt „Du bist schon wieder zu spät“ eher „Als du gestern kurz nach 10.00 Uhr nach Hause gekommen bist, …)

4-Schritt-Methode2. Gefühl (… war ich…<Gefühl>)

  • Achtung keine „Pseudo Gefühle“, diese starten mit („Ich habe das Gefühl …“, Beispiel: statt „Ich habe das Gefühl, du setzt mich unter Druck“ eher „Ich bin sehr angespannt.“)

3. Bedürfnis (… weil mir… <Bedürfnis>)

  • Achtung keine Strategien (siehe dazu weiter unten Übung zu Bedürfnisse von Strategien unterscheiden)

4. Bitte (Bist du bereit… <etwas zu tun>?)

  • Achtung keine Forderung (die Person sollte die Bitte nicht annehmen müssen – sonst ist es keine Bitte sondern eben eine Forderung)

Übung Bedürfnisdialog

Gewaltfreie-KommunikationWir finden uns in 2-er Teams zusammen.

Auf dem Boden liegen Bedürfnisse (Listen mit Bedürfnisse gibt es vielerorts im Internet) ausgebreitet. Jede*r nimmt sich leise für sich ein Bedürfnis, dass ihn*sie gerade anspricht.

Dann spricht Peron A 3 Minuten über das ausgewählte Bedürfnis. Person B hört nur zu. 10 Sekunden Pause. Nun spricht Person B 3 Minuten über das eigene ausgewählte Bedürfnis und Person A hört nur zu. Das ganze wird 3 Mal wiederholt.

Was soll das? Reflexion:

  • Konflikte entstehen aus Bedürfnissen – alles, was wir tun, tun wir, um ein Bedürfnis zu erfüllen (somit wird die Perspektive auf einen Konflikt positiv, auch das Menschenbild ist ein positives)
  • Es wird ein tiefer Kontakt und Austausch zwischen den zwei Personen ermöglicht
  • Es fällt anfangs sehr schwer, wirklich bei den eigenen Bedürfnissen zu bleiben.
  • Den anderen nicht unterbrechen zu wollen, um empathisch zu ermuntern, fällt anfangs ebenfalls schwer.

Übung Bedürfnisse von Strategien unterscheiden

Zunächst fragte uns Maya nach einem Bedürfnis. Es fiel das Wort „Ruhe“.

Dann fragte sie uns „Welche Strategien habt ihr, um dieses Bedürfnis zu erfüllen?“ Hier kamen sehr unterschiedliche Strategien von Kopfhörer, aufs Land fahren bis zu Musik hören.

Dann fragte uns Maya, welche Bedürfnisse beispielsweise hinter der Strategie „aufs Land fahren“ schlummern könnten. Wieder gab es eine bunte Auswahl (Entspannung, Natur, frische Luft…). Ein Bedürfnis wurde wieder ausgewählt – und wieder ging es los: Welche Strategien zur Bedürfniserfüllung kennt ihr…

Was soll das? Reflexion:

  • Wir sprechen oft über Strategien statt über unsere Bedürfnisse
  • Bedürfnissen kann nicht widersprochen werden (im Sinne von: „Nein, dieses Bedürfnis hast du nicht, das geht nicht“)
  • Bedürfnisse können unterschiedlich und teilweise auch gegensätzlich sein, da Strategien der Bedürfnisbefriedigung aber so vielfältig sind, entstehen hier Spielräume zur Konfliktlösung (wenn gegenseitige Bedürfnisse erst verstanden sind, kann man auf die Möglichkeiten schauen, damit umzugehen)

Conflict Resolution Diagram (CRD)

Stefan Willuda lud zu einer Übung zum entwickelten Conflict Resolution Diagram (CRD). Er steigt ein mit der These, dass 50% der Zeit durch ungelöste Konflikte gebunden ist.

Ziel ist es, Konflikte in einer wertschätzenden Art aufzulösen – ohne dass es dafür eine Ausbildung (z.B. in Gewaltfreier Kommunikation) durch die Konfliktparteien braucht. Es soll keine*n Verlierer*in geben. Die Visualisierung durch das CRD soll dabei Empathie aufbauen und die Perspektive des Gegenübers verständlicher machen.

Die Annahme bei einem jeden Konflikt ist, dass beide Konfliktparteien ein gemeinsames Ziel haben.

Harvard-KonfliktÄhnich wie bei der Gewaltfreien Kommunikation, gilt auch hier: Bedürfnisse sind nicht diskutabel. Es geht meist um die Erfüllung mehrerer Bedürfnisse. Aber… die Lösungswege (also Strategien) zur Bedürfniserfüllung, auf die sich die Konfliktparteien festgelegt haben, stehen zur Debatte.

Anbei die Schrittfolge zur Bearbeitung:

  1. Was ist eigentlich das gemeinsame Ziel?
  2. Welche Bedürfnisse stehen jeweils dahinter? Bitte den Satz „Um das Ziel zu erreichen, brauche ich…“
  3. Welche Lösungen bzw. Anforderungen gibt es in Bezug auf das Bedürfnis? bitte mit dem Satz „Um das Bedürfnis zu befriedigen/die Anforderung zu erfüllen brauche ich…“
  4. Damit sich die Konfliktparteien gesehen fühlen und die Realität des jeweiligen Gegenübers anerkannt wird, gibt es nun eine Runde „Annahmen, warum das wahr ist“. Beide Konfliktparteien sammeln nun für das Gegenüber Annahmen zu den jeweilis gemachten Bedürfnissen, Lösungswegen und Verbindungen mit dem Satz „Das ist wahr, weil…“ Ziel ist, die Annahmen explizit zu machen – Warum sind die “Verbindungen” in diesem Diagramm aus Sicht der Konfliktparteien wahr? Die Annahmen werden notiert und vorgelesen (nicht kommentiert).
  5. Nachdem die Annahmen gesammelt sind. Heißt es in Schritt 5: Blick auf die Annahmen, denn diese sind unterschiedlich stabil. Jede Annahme gehört nun abgeklopft und geprüft, denn: Die Annahmen können durch neue Perspektiven oder durch gemeinsame Vereinbarungen verändert werden. Die Frage lautet also „Welche Annahmen lassen sich verändern, umkehren oder drehen? Welche neuen Annahmen gibt es ggf., die die Ursache für den Konflikt reduzieren oder „verschwinden lassen“?“
  6. Hoffentlich: Neue Lösung!

Hier die Slides von Stefan:

Reflexion:

  • Das CDR erinnert mich sehr an den Harvard Verhandlungsansatz (Win-Win herstellen, Kuchen vergrößern, gemeinsames Ziel…)
  • Das CDR als Alternative bzw. Ergänzung zu den Übungen der Gewaltfreien Kommunikation („Ich nutze das gern anfangs bei ITler*innen, die eher mit den Wörtern Anforderungen statt Bedürfnissen umgehen können und bei „zu viel Kontakt“ zurückzucken.“)
  • für manche war es ein AHA-Moment, dass Konflikte entstehen, weil zwei Konfliktparteien Interesse an einem gemeinsamen Ziel haben

Lesehinweis: Reflexive Auftragsklärung

Die anderen Methoden habe ich mir leider nicht anschauen können, darf aber dies noch mit euch teilen:

Wie sich „Reflecting Team“, das 4-Ohren Modell und das Johari Fenster zur reflexiven Auftragsklärung verbinden lassen, erklären Anna Olivier und Frieda Tanski hier.

Wie immer freue ich mich über Kommentare und Feedback! Und selbstverständlich… über Erfahrungsberichte (Wie ist es euch beim Probieren mit den Methoden ergangen?).

 

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