Zeitmanagement meint nicht Selbstoptimierung

Zeitmanagement klingt oft erstmal nach Selbstoptimierung, viel Arbeit und Anstrengung – dabei soll es genau das Gegenteil erreichen: Stress und Druck nehmen, mehr Zeit für Freude und Genuss schaffen. Denn eines ist beim Zeitmanagement gesetzt – selbst wenn sich die Welt gefühlt schneller dreht, Aufgaben zunehmen und komplexer werden – die Zeit, die uns zur Verfügung steht, wird die gleiche bleiben. Es geht daher um einen sinnvollen Umgang mit dieser verfügbaren Zeit – ein paar Impulse zum Thema Zeitmanagement bzw. Zeitgestaltung teile ich in diesem Blog mit euch.

Das A und O im Zeitmanagement

Zeitmanagement fängt (wieder einmal) bei uns selbst an. Die beste Methode nützt nichts, wenn sie nicht zu uns passt. Es gibt verschiedenste Tests, um herauszufinden, welchen groben, vereinfachten Kategorien unser Verhalten zugeordnet werden kann (meist sind 1-2 Kategorien dominant). Ist uns also eher Struktur, Analyse, hoher Detailgrad wichtig, eine harmonische Beziehung zu unseren Mitmenschen oder ein schnelles „ins Tun kommen“, ausprobieren, experimentieren. Je nach Kategorie bevorzugen wir ggf. auch andere Zeitmanagement-Methoden. Für die Struktur-Liebhaber/innen unter uns ist das Erstellen und Abarbeiten von To-Do-Listen ein Kinderspiel, während der kreative Kopf mit einer bunten Post-It-Sammlung an zu erledigenden Aufgaben endet – die dann erstmal eine Priorisierung brauchen, denn in einen Kalender mit Terminfristen passen diese Aufgaben nicht.

Bei denkmodell arbeiten wir an dieser Stelle gern mit dem Stabtest von Ed Schein sowie den inneren Antreibern die auf der Transaktionsanalyse von Eric Bern und Thomas A. Harris basieren. Es gibt allerdings auch eine Vielzahl an kostenfreien (unlizenzierten) Tests, um eine erste grobe Orientierung über die eigenen Tendenzen zu bekommen – wie beispielsweise den „Chaot oder Systematiker“-Test von Cordula Nussbaum.

Innehalten: Planung, Wirklichkeit & Reflexion

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©denkmodell GmbH

Ob systematisch oder chaotisch, wir alle arbeiten vermutlich mittlerweile eher in komplexen, oft sehr flexiblen Arbeitskontexten, in den Aufgaben auch mal spontan anfallen und ein Tag nicht stringent planbar ist. Wir bauen uns oft keine Pufferzeiten für spontan anfallende Aufgaben ein und unterschätzen zugleich noch die Zeit, die wir zur Bewältigung einer Aufgabe benötigen. Dies hat zur Folge, dass wir uns für den Tag zu viel vornehmen und anschließend frustriert sind, wenn wir die gesteckten Ziele nicht erreichen. An dieser Stelle sollten wir Frust abbauen und schlage daher vor: Nehmt euch am Ende eines jeden Tages ein paar Minuten (10 Minuten reichen zu Beginn sicher aus), holt eure To-Dos vom Tagesbeginn hervor und werft einen Blick auf die erledigten Aufgaben. Was habt ihr geschafft? Welche spontanen Aufgaben kamen hinzu? Wie viel Zeit haben die Aufgaben etwa jeweils in Anspruch genommen? Was waren dabei Energiebringer (wo fühlt ihr euch danach motiviert)? Welche Aufgaben waren wichtig – für euch, für das Unternehmen, für Mitmenschen? Werdet euch bewusst, womit ihr jeden Tag Zeit verbringen und schaut, an welchen Stellen Aufgaben insbesondere weder wichtig noch energiebringend waren. Befreit euch von diesen!

Plant zudem ausreichen Pufferzeiten ein, Unvorhergesehenes passiert tagtäglich und sollte euch nicht die Freude nehmen.

Start-Energie nutzen: Die 72-Stunden-Regel

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Noch ein ganz praktischer Hinweis, damit euer Zeitmanagement ins Rollen kommt. Hierbei handelt es sich nicht um eine wissenschaftlich fundierte Regel, sondern eher um ein Prinzip. Es besagt, dass ich mit der Umsetzung, von dem, was ich mir vorgenommen habe, innerhalb der nächsten 72 Stunden beginnen sollte, ansonsten liegen die Aussichten auf Umsetzung bei etwa 1%. Konkret heißt das: Wenn schnell erste Schritte Richtung Umsetzung angegangen werden, ist das Ziel in nicht allzu weiter Ferne und die Motivation für die Aufgabe bleibt hoch. Es kann sich dabei durchaus zunächst um kleine Schritte handeln, wichtig ist, dass etwas in Gang gesetzt wird. Hier also der Appell: Setzt nicht auf Perfektion, sondern auf erste kleine Schritte ohne großen Zeitinvest „better done than perfect“. Eine schöne Überleitung zur nächsten Empfehlung…

Zeitmanagement mit Methode: Getting Things Done

Zeitmanagement-Inhouse-trainingHier noch ein Impuls, wie die Strukturierung und Priorisierung der Aufgaben aussehen könnte: David Allen hat eine Selbstmanagement-Methode entwickelt, die in unterschiedlicher Ausprägung weit verbreitet ist. Getting Things Done zielt darauf ab, ein befreiendes Arbeiten zu ermöglichen. Das Grundprinzip ist, alle anstehenden Aufgaben gemäß einer gewissen Logik festzuhalten und dadurch den Kopf frei zu bekommen.

Schrittfolge

  1. Erfassen: Alle Aufgaben, Termine und ungeklärte Fragestellungen müssen vom Kopf in ein System (z.B. einer Liste) erfasst werden.
  2. Durcharbeiten: Die Aufgaben sollten regelmäßig durchgearbeitet – und Erledigtes von der Liste entfernt werden. Aufgaben, die weniger als 2 Minuten in Anspruch nehmen, werden direkt erledigt.
  3. Organisieren: Wichtig ist, alles richtig zuzuordnen:
    1. Termine kommen in den Kalender.
    2. Aufgaben in eine Liste – eine je Kontext, in dem sie bearbeitet werden.
    3. Alle Dinge, die mehr als einen Handlungsschritt benötigen, sind Projekte. Diese komplexeren Abläufe werden separat bearbeitet und idealerweise in Unteraufgaben heruntergebrochen. Oft sind hier andere Personen involviert.
    4. Die Ablage ist für alle wichtigen Dinge da, die keine weitere Bearbeitung brauchen – aber nicht gelöscht oder entfernt werden können.
    5. Aufgaben, die ihr aktuell nicht bearbeiten müsst, werden in eine „Irgendwann“-Liste verschoben.
  4. Durchsicht: Ihr solltet regelmäßig alle anstehenden Aufgaben durchsehen. Idealerweise startet ihr Arbeitstag mit einer Tagesplanung und Durchsicht aller offenen Aufgaben (ca. 15min) – bevor irgendetwas bearbeitet wird. Anschließend prüft ihr den Kalender. Plant am Ende der Woche einen Wochenrückblick, bei dem ihr Aufgaben terminiert und unwichtiges entfernt oder auf „Irgendwann“ verschiebt.
  5. Umsetzung: Bei der Umsetzung solltet ihr darauf achten, dass ihr euch jeweils nur auf eine Aufgabe zu fokussiert. Beachtet außerdem eure individuelle Leistungskurve im Tagesverlauf. Nutzt dabei eure Konzentrationszeit entsprechend für Aufgaben, die eure volle Konzentration erfordern und stellt in diesen Zeiten Störungen ab.

Die leere Mailbox: Inbox Zero

Und wem das noch nicht genug ist, dem*der empfehle ich eine weitere kleine Methode zum Ausprobieren: Inbox Zero. Endlich einen leeren Posteingang im E-Mailkonto. Merlin Mann hat dieses Prinzip in die Welt gebracht. Er empfiehlt:

  • Antworten: Alle E-Mails, die in fünf Minuten beantwortbar sind, einfach beantworten
  • Aktion / To Do: Für alle E-Mails, die eine etwas längere Zeit zum Beantworten brauchen oder die eine Aufgabe beinhalten (z.B. Festhalten auf einer To-Do-Liste)
  • In den Mailordner Irgendwann / Halten verschieben: Für E-Mails mit Informationen, die ihr griffbereit haben wollt (z.B. Newsletter, die ihr später mal lesen möchten)
  • In den Mailordner Warten verschieben: Für E-Mails, bei denen ihr auf Antwort wartet oder deren Bearbeitung ihr delegiert habt
  • In den Mailordner Archiv verschieben: Für E-Mails, die ihr bearbeitet habt, aber aufbewahren möchtet

Ich persönlich empfehle bei dieser Methode, den eigenen Tages-Energie-Verlauf mal unter die Lupe zu nehmen. Beispielsweise nutze ich mein Mittagstief, um in mein Mailpostfach zu schauen, die E-Mails, die weniger als fünf Minuten dauern, direkt zu beantworten, Aufgaben aus Mails zu übertragen und andere Mails in dazugehörige Ordner zu verschieben (bei mir sind das dann meist Mail-Projektorder statt eines allgemeinen Archivs oder Ordner wie „Lesematerial“). Ein Hinweis an dieser Stelle: Sollte Ihre 5-Minuten-Beantworten-Mail ebenfalls direkt beantwortet werden und ein Ping-Pong-Mail-Abtausch entstehen: Greift zum Telefonhörer, das geht oft schneller.

Insgesamt empfehle ich, das Mailprogramm nur 2-3 Mal am Tag zu öffnen und die Benachrichtigungen „neue Mail“ abzuschalten – das lenkt nur ab.

Prinzipien für das eigene Zeitmanagement

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Bei all diesen Regeln und Methoden lege ich Ihnen zuletzt noch ein paar Prinzipien (der eher allgemeinen Art) ans Herz:

  • Schriftlichkeit: Entlastet euren Kopf und behaltet den Überblick. Ob bunt und chaotisch oder sortiert und strukturiert, Hauptsache es ist verschriftlicht.
  • Regelmäßigkeit: Routinen helfen schwierige Prozesse zu vereinfachen und zur Gewohnheit werden zu lassen. Für manche bedeutet Routine in diesem Fall auch eine regelmäßige Abwechslung an neuen Zeitmanagement Methoden. Immer wieder neue Impulse dazu einholen.
  • Einfachheit: Je einfacher, desto eher übersteht ihr auch stressige Phasen. Macht es also nicht perfekt, sondern überhaupt – gern auch mit kleinen Schritten und wenig Zeitinvest.
  • Passung: Es gibt nicht die Methode, deswegen müsst ihr die Methode an eure Bedarfe anpassen. Seid achtsam mit euch selbst – was hilft euch am meisten?
  • Training: Üben, üben, üben und schauen, wo es hakt und nachbessern, bis ihr eine Methode habt, die für euch selbst gut funktioniert.

Ich hoffe, diese Impulse helfen euch auf dem Weg zu einem stressfreieren Alltag.

Dieser Blog ist zuerst auf www.denkmodell.de/blog erschienen.

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