Meetup „Learn how to sense emerging trends before they become mainstream“

Am Freitag (13. Juli 2018) war ich auf meinem ersten Meetup von Responsive Organisations bei Digital Eatery einem Microsoft Cafe direkt unter den Linden.

Gleich zu Beginn des Meetups stellten die Organisatoren klar: Es geht nicht darum, Trends aufzuspüren sondern Möglichkeiten („possibilities“).

Es folgten Intros. Zum einen wurde ein Video über die „responsive organization“ Zara gezeigt:
[youtube https://www.youtube.com/watch?v=jnmr8zvomE8&w=560&h=315]
Die Botschaft: Es geht nicht um maximale Effizienz sondern um maximale Responsiveness („Reaktionsfreudigkeit“ / „Empfänglichkeit“). Weniger Kosten beim „Scheitern“ und mehr Kosten für das Experimentieren. Das Beispiel sorgte bei der anschließenden Diskussion allerdings für Widerstände, da das Modelabel Zara bei einigen Teilnehmenden des Meetups als nicht fair und nachhaltig produzierend wahrgenommen wird. Es wurde kritisch nachgehakt, ob Ethik, Moral und Nachhaltigkeit nicht mittlerweile zum Zukunftskonzept von Organisationen gehört? Die Meetup-Organisatoren versicherten, nicht gesagt haben zu wollen „Zara ist eine tolle Organisation“. Die Frage blieb bestehen: Fehlt es an noch besseren Beispielen? Das Thema wurde zurückgestellt – und auf eine spätere Diskussion in Kleingruppen verschoben.

Weiter ging es mit der Aufforderung: „Findet die richtige Balance“ und zwar zwischen

… Profit und Purpose

… Hierarchien und Netzwerken

… Kontrolle und Befähigung von Menschen / Eigenverantwortung

… Planung und Experimentieren

responsive-organizations

Danach folgte ein Input zur anthropologisch Seite von Responsive Organizations.

Unter der Überschrift „Stärken vorhandener Methoden“ wurde der Design Thinking Prozess aufgezeigt. Aus Sicht der Anthropologie gibt es hier das Problem, dass durch kulturelle Voreingenommenheit nicht alle Informationen bzw. Alternativen gesehen werden, anstelle dessen filtern wir die Informationen. Beim Design Thinking kann dies in quasi jeder Phase passieren, beim Empathieaufwand, bei der Ideengeneration oder  später beim Prototypen und Testen.

In der Folge gab es eine Grafik, die noch einmal verdeutlichen sollte, warum es uns schwer fällt, Alternativen zu erkennen. Wir filtern gemäß (1) was wir gut kennen, (2) was uns vertraut ist und im äußeren Ring (3) was uns unbekannt / fremd ist. Letzteres finden wir teilweise so befremdlich, dass wir sogar negative Emotionen oder Reaktionen der Ablehnung / nicht-Akzeptanz zeigen.alternatives

In diesem Zusammenhang wurde noch das folgende Bild gezeigt (Peter Minnewit ersteht von den Indianern die Insel Manhattan. Mit Erlaubnis der Title Guarantee & Trust Co. in New York nach dem in ihrem Besitz befindlichen Gemälde von A. Fredericks. Copyright 1902 by the Title Guarantee & Trust Co. New York.)

a0027Die Tonspur zu dem Bild: Die Indianer konnten mit dem Kauf von Land und dessen Besitztum nichts anfangen. Es war kein Konzept, dass in ihrer Kultur Sinn ergab. Es gehörte dementsprechend zur Kategorie (3).

Zuletzt wurde der Prozess für das „Wahrnehmen / Erspüren der Zukunft“ aufgezeigt:

(1) Spannung (tension) – es gibt Spannungen im existierenden System

(2) Kreation (creation) – neue Paradigmen werden geschaffen

(3) Diffusion (diffusion) – das neue Paradigma verbreitet sich in der Gesellschaft

(4) Aneignung (adoption) – das neue Paradigma ist fest etabliert

Die ersten zwei Phasen sind dabei anthropologische, die letzten zweiten ethnografische Phasen von Innovation.

sensing-the-future

Dann ging’s los mit dem Workshop-Modus. Wir sollten uns innerhalb von 3-6er Gruppe auf einen Sektor, eine Industrie oder eine Organisation festlegen, für den / das oder die wir in der verbleibenden Zeit Möglichkeiten zur Veränderung bzw. Innovation aufspüren sollten. Es gab die Themen: Fashion, Logistik, Finanzen, Beratung, Verkehr. Wir erhielten zwei Arbeitsblätter, arbeiteten uns durch die darauf stehenden Fragestellungen  und teilten am Ende unsere Ergebnisse mit den anderen Gruppen.

Themenblöcke und Fragen, u.a.:

  1. Beschreibe die Industrie / Sektor / Organisation (Wer sind Kund*innen? Warum nutzen Kund*innen das Produkt bzw. den Service? Welche Bedürfnisse der Kunden werden befriedigt? Wie wird Mehrwert geschaffen? Wodurch Einnahmen erzielt?)
  2. Glaubenssätze und Konventionen (Welche gesetzlichen Bestimmungen gibt es? Was mögen Menschen bzw. mögen sie nicht? Welchen heiligen Gral gibt es? Was schützt die Industrie / den Sektor / die Orga vor Disruption)
  3. Kulturelle „Rahmenbedingungen“ (Warum machen Menscher der Industrie, was sie machen? Was treibt die Menschen der Industrie an? Was versuchen sie zu gewinnen, was zu vermeiden? Welches sind dahinterliegende Motive, Bedürfnisse und Ängste?)
  4. Neue kulturelle Glaubssätze / Konventionen (Welche kulturellen Glaubenssätze können verändert werden? Wie sieht ein veränderter Glaubenssatz aus? Welches sind daraus resultierende Implikationen? Warum machen Menschen, was sie machen in der veränderten, neuen Kultur? Was wären dann Motivatoren, was Ängste oder Bedürfnisse?)
  5. Neue Industriekonventionen (Wer sind neue Kund*innen? Wie wird jetzt Mehrwert geschaffen? Warum nutzen Kund*innen die Produkte und Services?… siehe 1.)
  6. Erste Schritte (Wenn du dies vom Blatt in die Realität übertragen würdest – was wären erste nächste Schritte? Wie würdest du testen, um zu lernen oder zu iterieren? Woran würdest du erkennen, ob das Experiement erfolgreich war?)

Im Prinzip war das zweimal Business Model Canvas für Organisationen / Industrien durchspielen, inkl. einem vertieften Blick in kulturelle Glaubenssätze und inkl. Perspektive des externen Umfelds – einmal mit „Ist“-Situation und einmal mit „Zukunftsszenario“.

Fazit: Nur wenigen Gruppen gelang es, wirklich über den Tellerrand zu schauen – nicht schon bisherigen Trends zu folgen oder diese in ihre entdeckten Möglichkeiten aufzunehmen, sondern völlig neu zu denken.

Was mich persönlich beschränkt hat bei dieser Übung, war die Aufgabe, sich auf Sektoren oder Industrien zu beschränken. Um wirklich innovativ und neu zu denken, braucht es meiner Meinung nach eine viel größere Vernetzung der Themen und ggf. neues, wirtschaftliches Denken. Und als ich gerade gedanklich bei diesen komplexen Themen gelandet war, hatte ich Kund*innen im Kopf und überlegte: Reicht es nicht, wenn sich Organisationen, die sich mit der aktuellen Transformation noch schwerer tun, erstmal Schritt für Schritt an die gerade stattfinden Trends  herantasten / herangeführt werden – wenn klar wird, was sind denn Vorteile, was könnte sinnvoll sein und was braucht es ggf. nicht? Ist das nicht schon genug Arbeit? Gerade war ich noch auf dem Blockchain Meetup, einen Tag später antwortete ich auf Anfrage eines Kunden per Fax auf ein Fax. Ich glaube, im Moment reicht es für viele Organisationen, erstmal die bisherigen Trends zu verstehen und Anknüpfungspunkte für ihre eigene Organisation zu finden – bevor der nächste Schritt schon vor dem ersten gegangen wird.

Ob das langfristig ausreicht – oder es beispielsweise „agile Zellen“ in Organisationen braucht – mit diesem gedanklichen Knoten im Kopf verabschiede ich mich für heute.

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