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„New Pay“ – alternative Vergütungssysteme

Ich war am Dienstag (19. Juni) bei einem Meetup zu alternativen Vergütungssystemen – veranstaltet von Thomas Klein in der DB Mindbox in Berlin (p.s. war gar nicht so einfach zu finden). Neben mir haben etwa 30 weitere Teilnehmende im Raum Platz gefunden.

Folgend ein paar Impulse und Eindrücke…

Wie wird New Pay umgesetzt, z.B. im Mittelstand – ein Impulsvortrag

Zunächst gab es einen Input durch die hkp\\\ group (vertreten durch David Vogesser, Friederike Lingertat). Es ging hier vor allem um Vergütungssysteme, die auch in mittelständischen Organisationen Einzug in die Praxis finden (Bild zeigt die Systeme im Überblick):

Letztlich machten die beiden einen kleineren Ausflug, um nochmal einen schärferen Blick auf die „Spot Boni“ zu werfen.

Kurzer Einschub: Was sind eigentlich Spot Boni? [„Spot Boni“ erhalten Mitarbeitende, die sich über eine gewisse Zeit überaus stark engagiert, Projekte erfolgreich durchgeführt haben o.ä. Sowohl Kolleg*innen können für einen Spot-Bonus nominieren, aber auch Manager*innen selbst können so spontan Anerkennung für Mitarbeitende zeigen. Ein Spot Bonus kann finanzieller Natur sein (also schlicht Geld) oder aber auch Sachleistungen beinhalten (Kinokarten) – hkp\\\ brachte hier alle zum Lachen, da es tatsächlich auch „Social Media Boni“ gibt – hier wird die Person dann auf den sozialen Kanälen des Unternehmens z.B. als „Mitarbeiter*in des Monats“ gekürt. Träume werden wahr…]

Wie dem auch sei. Spot Boni werden wohl am meisten / schnellsten von Organisationen eingeführt, weil diese aus administrativer Sicht leicht umsetzbar sind (keine neuen Systeme, keine Schwierigkeiten mit der Buchhaltung). Allerdings so zeigen Studien, gemäß hkp\\\, besteht eine große Diskrepanz zwischen „Was will ein Mitarbeitender“ und „Was bekommt ein Mitarbeitender“. Denn: Die meisten Mitarbeitenden wollen einfach Geld. Ein Ball der aktuellen WM löst dann vielleicht keine großen Gefühle der Anerkennung aus.

Letztlich schließen die beiden Speaker mit ein paar Thesen zu alternativen Vergütungssystem ab, diese…

… müssen zum Unternehmen passen

… sind in Deutschland noch sehr konservativ (z.B. was wir lernen können: Flexibilität und weniger Regulierungen)

… erhalten am Anfang sehr viel Aufmerksamkeit, welche über die Zeit wieder verpufft

Austausch zum Thema alternative Vergütungssysteme, transparente Gehälter & Nachvollziehbarkeit

Nach dem Input ging es munter weiter: Mit auf der Bühne saßen Julia Weber (schreibt gerade ihre Masterarbeit zu dem Thema) und Nadine Nobile (schreibt ein Buch zum Thema). Gemeinsam mit den Kolleg*innen der hkp\\\ wappneten sie sich für die Q&A Runde.

Beispiel Gehaltspitches

Wie machen es andere? Es folgte ein Beispiel der betterplace labs: Hier gibt es Gehaltspitches am Anfang des Jahres, diese Pitches beinhalten Antworten auf Fragen wie „Welche zukünftigen Rollen sehe ich mich?„, „Welche Entwicklungspotenzial habe ich?„, „Wie viel möchte ich verdienen und wie viele Urlaubstage möchte ich?„. Im Anschluss an den Pitch feedbacken 12 Personen auf 4-6 Seiten hochqualitativ und subjektiv. Theoretisch kann man sein Wunschgehalt durchdrücken, praktisch tut dies niemand. Alle Gehälter sind transparent in einer Gehaltstabelle aufgeführt.

Beispiel Gamification

Ein Teilnehmer brachte dann noch ein Beispiel aus der eigenen Organisation ein: Hier gings um Gamification und die Herauslösung aus dem bestehenden, bekannten Wertsystem. Die Idee: Das ganze Jahr wird mit Monopoly Dollar gespielt (das eigene Konto füllt sich mit den Spiel-Dollarn und das Geld muss an Teammitglieder ausgegeben werden). Am Ende des Jahres wird dem Monopoly Dollar ein wahrer Umrechnungskurs gegeben – ausgerichtet an der Wirtschaftlichkeit des Unternehmens. Die Mitarbeitenden erhalten dann Geld für die von den Kolleg*innen eingesammelten Monopoly Dollar. Eine Frage blieb unklar: Macht die Organisation das jetzt eigentlich noch? Wie hat es letztlich geklappt?

Die hkp\\\ stellte hier eine Ähnlichkeit zu Beteiligungssystemen von Startups her: Schließlich verteilen Startups oft Unternehmensanteile nach Mitleistung und der genaue Wert des Anteils wird erst bei einem Exist klar.

Beispiel Wunschgehalt

Und noch ein Beispiel – alle guten Dinge sind drei: Bei Wigwam durfte sich jede*r ein Wunschgehalt äußert über fünf Gehaltsrunden wurde dann nachjustiert und angepasst. Zum Schluss war wohl jede*r prozentual gleich weit weg von dem Wunschgehalt (das genaue Prozedere wurde nicht in Tiefe erklärt). Für alle fühlte es sich im Ergebnis aber fair und nachvollziehbar an.

Bitte nicht mehr debattieren!

Bei einer Organisation hat das mit den Wunschgehältern nicht so ganz geklappt – es war den Mitarbeitenden Leid ständig zu debattieren und als Peer-Review Person über Wohl/Unwohl einer*s andere*n zu entscheiden. Darum hier der Entschluss: Ein Gehaltsystem, welches Ähnlichkeiten mit bestehenden Tarifsystemen hat, einführen. Spart Zeit und Nerven. „Tarifsystem“ klingt nur nicht so sexy.

Die Beispiele zeigen: Es gibt nicht den einen Weg. Jede Organisation muss das passende System selber finden, darf sich inspirieren lassen und auch aus (eigenen / fremden) Fehlern lernen. Ob Wahlmöglichkeiten (Deutsche Bahn) oder Rahmensysteme (Tarife / Stufen), um die Komplexität zu reduzieren – alles ist möglich.

Fairness, Transparenz, Nachvollziehbarkeit beim Gehalt?

Bei all den Beispielen tauchten immer wieder zwei Worte auf: Fairness und Transparenz. Hier gab es für mich die spannensten Diskussionen. Während ein Teilnehmer der Meinung war „Ein Gehaltssystem ist niemals fair.“ und andere entgegneten „Fair ist ein Gefühl“, „Vergleichbarkeit mit Kolleg*innen macht Fairness aus.“ – kam eine Teilnehmerin zu dem Schluss, dass es vielleicht nicht um Fairness, sondern um Nachvollziehbarkeit geht und wenn ich Dinge nachvollziehen kann, kann ich sie auch mit tragen. Hier wiederum der Einwand „Komplexe Systeme sind nicht für alle und jede*n nachvollziehbar – was dann?“.

Zur Transparenz kam noch der wichtige Hinweis: Auch Transparenz hat ihren Preis! Transparenz ist kein Selbstzweck. Es sollte der Organisation dienen. Daher fragt euch: Welcher Grad an Transparenz ist hilfreich für die Organisation?

Und was ist mit den Schüchternen?

In den oben genannten Beispielen mussten sich Mitarbeitende oft selbst einschätzen und ein Wunschgehalt äußern. Natürlicherweise kam dann aus mehreren Ecken die Frage: Und was ist mit denen, die sich nicht trauen, mehr zu verlangen? Die, die auch sonst manchmal eher schlechter bei einer Gehaltsverhandlung abschneiden?

Laut Speakern löst dieses Problem die Transparenz: Die „Schüchternen“ (ich lasse diese Kategorisierung mal so stehen, auch wenn ich damit nicht glücklich bin) werden durch Kolleg*innen gepusht – die sehen nun schließlich was jede*r einzelne verdient. Dadurch passiert es öfter, dass Mitarbeitende zueinander gehen und sagen „Du hast mehr verdient, du solltest mehr fordern“.

Weitere Punkte, Fragen, Kriterien

Kurz vor Ende kam dann noch die Frage: Was passiert, wenn ein Mitarbeitender zu mir kommt und sagt, ein anderer Arbeitgeber bietet mir 1.000 Euro / Monat mehr. Ich brauche das Geld. Ihr müsst mir mehr bieten, sonst bin ich weg. Wohl genau so passiert. Ihre Angst als Führungskraft Bei transparenten Gehältern – was sagen ich dann den anderen Mitarbeitenden? Kommen dann alle? Die erste Reaktion aus dem Publikum des Meetups Was meinst du, wie lange bleiben diese Mitarbeitenden in deinem Team? Auch hier gibt es selbstverständlich keine Blaupausen-Antwort und hängt sicher mit Team, Kultur und Mitarbeitenden zusammen.

In diesem Zuge kam auch die Frage nach Incentives für longterm Employment auf, um Mitarbeitende im Unternehmen zu halten. Die aktuelle Praxis zeigt nämlich: Gerade junge Menschen wechseln oft. In der Diskussion wurde allerdings schnell die Sinnhaftigkeit solcher Anreizsysteme bezweifelt, da insbesondere Highperformer dadurch unter die Räder kommen – die liefern ja schon zum aktuellen Zeitpunkt und identifizieren sich mit der Organisation, warum also die Anerkennung dafür um Jahre verzögern?

Und zum Abschluss hieß es: Was eigentlich immer wichtiger wird, ist gar nicht der Ruf nach Geld, sondern der Ruf nach mehr (Frei-)Zeit.

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